Ambrosch
 

Jurybegründung: Spuren des Bösen


Der Jury lagen vier handwerklich ausgezeichnete und thematisch originelle Bücher vor.
Mit SPUREN DES BÖSEN von Martin Ambrosch zeichnet die Jury ein großartiges, spannendes und ungewöhnlich dicht geschriebenes Buch aus, das sich weit von dem üblichen TV Krimi abhebt. Es erzählt die Geschichte des Psychiaters Richard Brock, der mit der Aufklärung eines Mordes befasst ist, und sich im Zuge der Ermittlungen Fragen zu traumatischen Ereignissen seiner Vergangenheit stellen muss. Der Fall findet ein überraschendes, aber auch zwingendes Ende.

Das Buch ist von großer erzählerischer Ökonomie. Das beginnt schon bei den ersten Szenen, ein Filmanfang, der den Zuschauer mit großer Raffinesse in die Geschichte hineinzieht. Ambrosch gelingt es, diese Mischung aus Spannung, verblüffenden Wendungen und lakonischem Ton über das ganze Buch hin zu halten.

Großartig auch die Hauptfigur Richard Brock, eine gebrochene, facettenreich gezeichnete Figur, deren persönliches Drama sich Schritt für Schritt ganz selbstverständlich und beiläufig im Verlauf der Handlung enthüllt. Die Dialoge sind knapp, haben einen lakonischen Ton und verbinden elegant Informationsvermittlung und Figurenzeichnung. Bis hin zur kleinsten Nebenfigur werden die Charaktere mit wenigen Strichen und Sätzen prägnant gezeichnet. Ambrosch gelingt es, die innere Entwicklung seines Protagonisten mit dem Drama, das sich entfaltet, auf ungewöhnliche Weise zu verknüpfen.

Das Buch nimmt den Leser und Zuschauer in eine Welt mit, die man aus zahlreichen Fernsehkrimis meint zu kennen, die hier aber detailreich und sachkundig zum Leben erweckt wird. Ambrosch greift mit den Themen Bestechung und der Verflechtung von Politik und Unternehmern gesellschaftspolitisch aktuelle österreichische Themen auf.

Die Jury zeichnet einstimmig hiermit den Piloten zu einer neuen Fernsehreihe aus. Aber: Martin Ambrosch hat ein Auftragsbuch für einen TV Krimi geschrieben, abgeliefert hat er einen veritablen Thriller der sich mit sehr guten Kinostoffen leicht messen kann.

Zu Beginn erklärt Richard Brock seinen Studenten:

„Bei Angstzuständen reagieren wir wie Reptilien. Unser Hirnstamm gibt uns nur drei Verhaltensmuster vor. Flucht. Angriff. Tot stellen. Deshalb empfehle ich in solchen Fällen, den Neokortex einzuschalten. Ihr Neokortex erlaubt Ihnen, eingefahrene Verhaltensweisen zu modifizieren. Tun Sie das. Sonst bleiben Sie Kriechtiere.“

Martin Ambrosch hat mit diesem Buch unseren Neokortex eingeschaltet. Wir danken ihm!

 
Wagenhofer klein
Allahyari

Würdigungspreise an Erwin Wagenhofer und Houchang Allahyari


Allgemeine Jurybegründung:
Wir haben uns entschlossen, in diesem Jahr AutorInnen – über die Qualität des Drehbuchs hinausgehend– zu würdigen, deren Filme/Bücher, deren Intention und Thematik zu akuten gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Fragen Stellung beziehen.

Ein Würdigungspreis im Wert von 5.500 Euro geht an Erwin Wagenhofer für Black Brown White.

 

Jurybegründung: Black Brown White


Genau recherchierte, gesellschaftspolitische Themen finden sich in einer Handlung wieder, die stringent erzählt wird und auf mehreren Ebenen berührt.
Im Zentrum stehen: Ausbeutung und Menschlichkeit, der Traum von Freiheit und einem besseren Leben. Ein Roadmovie zwischen Kontinenten und Kulturen, der die unterschiedlichen Aspekte dieser Themen beleuchtet.
Einer der beiden Würdigungspreise geht an Erwin Wagenhofer und Cookie Ziesche für das Drehbuch zu Black Brown White.

 

Mit dem zweiten Würdigungspreis wurde Houchang Allahyari für das Drehbuch zu dem Film Die verrückte Welt der Ute Bock ausgezeichnet.

 

Jurybegründung: Die verrückte Welt der Ute Bock


Die Geschichten erzählen von österreichischer Asyl- und Ausländerpolitik, von Unmenschlichkeit und Fremdenfeindlichkeit, aber auch von Zivilcourage und Solidarität.
Die angenehm klare, schnörkellose Erzählung entspricht der Intention des Films, es bleibt genug Raum und Zeit für die Entwicklung der Charaktere, die uns bald sehr vertraut sind. Erzählt wird mit viel Sinn für Humor, trotz der Schwere des thematischen Hintergrunds.
Die Jury würdigt nicht nur das Drehbuch, sondern auch die Leistung des gesamten Ensembles. Der Autor, die Darsteller und vor allem die Hauptdarstellerin wissen, wovon sie reden.
Der Preis ist [auch] mit Geld verbunden, und dieses Geld ist gut aufgehoben in dieser „verrückten Welt der Ute Bock“, die wohl weniger verrückt ist, als Politik und Gesellschaft rundum.
Die Jury gratuliert Houchang Allahyari zum Thomas Pluch Würdigungspreis 2011.

 

Die Jury


Die nationale Jury prämiert die beiden Würdigungspreise und nominiert die Bücher für den Hauptpreis. Sie setzt sich wie folgt zusammen:

Doris Fuhrmann (Agentin, Fuhrmannmanagment, AT)
Wolfgang Stahl (Dramaturg, AT)
Lukas Stepanik (Regisseur, Produzent, AT)

Die internationale Jury vergibt aus den 3 nominierten Büchern den Hauptpreis; sie setzt sich wie folgt zusammen:

Ruth Toma (Drehbuchautorin, DE)
Jan Schütte (Filmemacher, DE)
Andrea Eckert (Schauspielerin, Dokumentarfilmerin, AT)

 
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