Der drehbuchVERBAND Austria freut sich im Namen des Preisstifters, dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur die PreisträgerInnen der Thomas Pluch Drehbuchpreise 2011 bekannt zu geben.
Die internationale Jury hat aus den 3 nominierten Drehbüchern den mit 11.000.- Euro dotierten Thomas Pluch Hauptpreis ausgewählt:
Markus Schleinzer für Michael
Markus Schleinzer teilte bei seiner Dankesrede mit, den Preis mit seiner künstlerischen Mitarbeiterin und Co-Regisseurin Kathrin Resetarits zu teilen.
Die Jury bestand aus der deutschen Produzentin Manuela Stehr, der Schriftstellerin Eva Menasse und dem Filmemacher Stefan Ruzowitzky. Für den Hauptpreis waren neben Michael, Inside America und Atmen nominiert.
Jurybegründung: Michael
Das Buch erzeugt einen Sog, dem man sich beim Lesen nicht entziehen kann und kommt dabei ganz ohne handelsübliche Spannungsklischees aus. Die Informationen, die dem Leser gegeben werden, sind so präzise gesetzt, dass sie alles Nötige vermitteln und doch ein Geheimnis wahren.
Der Autor erzählt uns eine Geschichte, die eigentlich keiner von uns wissen will. Er zwingt uns dazu, anzuerkennen, dass auch in einem grausamen Zwangssystem etwas herrscht, das man Normalität und Alltag nennen muss. Dennoch sind die Beziehungen nicht statisch. Mit sparsamen Bildern macht uns der Autor die innere Entwicklung des gefangenen Kindes nachvollziehbar, die schließlich in einen Ausbruchsversuch mündet.
Es ist eine Gratwanderung, die Geschichte eines Entführers und Vergewaltigers so zu erzählen, dass sie diesen Menschen nicht nur plump verteufelt, sondern genau hinschaut. Dieses Drehbuch öffnet eine Tür jenseits von Hysterie und Wegschauen, ohne die Erkenntnis nicht möglich ist.
(Auszug aus der Jurybegründung, die vollständige finden Sie auf der Presseseite)
Die nationale Jury, bestehend aus der Agentin Daniela Stibitz, der Filmemacherin Libertad Hackl und dem Drehbuchautor und Vorjahres-Gewinner Martin Ambrosch, hat aus allen Einreichungen die 3 Drehbücher für den Hauptpreis nominiert und die beiden Würdigungspreise zu je 5.500.- Euro vergeben:
Thomas Reider und Sebastian Meise für Stillleben
Jurybegründung: Stillleben
Die Erzählung liegt im Verzicht auf das Spektakuläre und wird im Alltäglichen, im Rahmen familiärer Routinen verhandelt. Dabei kommen sie mit wenigen, umso genaueren Dialogen aus, die die Ratlosigkeit der Figuren zu verstärken scheinen. Das Handwerk zeigt sich in seiner Reduktion. Mit wenigen Mitteln, fein und präzise, halten sie die Spannung in ihrer Erzählung bis zum Ende.
Den Autoren gelingt mit der Figur des Vaters, was nicht leicht zu schaffen ist: aus einer erdenklich schwierigen Ausgangsposition – der eines sich gedanklich an seiner Tochter vergehenden Vaters – zeichnen sie behutsam und klug eine Figur, die zu berühren vermag.
(Auszug aus der Jurybegründung)*
Mit dem zweiten Würdigungspreis wurde Stefanie Franz für das Drehbuch zu dem Film Papa ausgezeichnet.
Jurybegründung: Papa
Ein Wiener Rap-Musiker, Sohn türkischer Migranten, wird über Nacht von seiner Lebensgefährtin allein gelassen, weil diese seinen Egoismus nicht mehr erträgt. Wie Murli, der Rap-Musiker, sich fortan allein um seine beiden Söhne, ein und zwei Jahre alt, kümmert – oder auch nicht – davon handelt dieses Drehbuch über weite Strecken. Das ist komisch, berührend, befremdend, roh. Murli tobt. Er kämpft. Gezwungenermaßen.
Und Murli ändert sich. Er lernt, Verantwortung zu tragen. Er kann sich sogar vorstellen, eine Beziehung zu führen. Er will den Neuanfang. Mit Connie. Doch dafür ist es längst zu spät.
Das Drehbuch ist handwerklich versiert, keine Konfliktsituation scheuend, explizit in den Beschreibungen, klug. Im Zuge der Geschichte eröffnet sich eine weitere, emotionale Dimension zwischen den Zeilen und damit in unseren Köpfen. Fragen nach Zugehörigkeit, nach Identität tauchen auf. Und Sehnsüchte.
Auch danach, mehr von dieser Autorin zu lesen.
(Auszug aus der Jurybegründung, die vollständige finden Sie auf der Presseseite)
Die internationale Jury
Sie vergibt aus den 3 von der nationalen Jury nominierten Büchern den Hauptpreis. Sie setzt sich wie folgt zusammen:
Manuela Stehr (Produzentin)
Die Juristin Manuela Stehr war von 1984 bis 1991 als Produzentin in Berlin tätig. Bis 1999 war sie Leiterin der Produktionsförderung der Filmstiftung Nordrheinwestfalen, ab 1997 auch Prokuristin und Stellvertreterin des Geschäftsführers. Seit Januar 2000 ist sie Mitgeschäftsführerin und Produzentin bei der X Filme Creative Pool GmbH und seit Oktober 2000 Vorstandsmitglied der X Verleih AG.
Eva Menasse (Schriftstellerin)
Studium der Germanistik und Geschichte an der Universität Wien und Journalistin für das Nachrichtenmagazin “profil” und Kulturredakteurin der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”. Im Sommer 2000 wurde sie Feuilletonkorrespondentin der FAZ in Wien. Seit 2003 lebt sie in Berlin als freie Schriftstellerin und Publizistin.
Stefan Ruzowitzky (Filmemacher)
Studium der Theaterwissenschaften und Geschichte an der Universität Wien, ab 1987 realisierte er Dokumentationen und Reportagen für den ORF.
1996 brachte er mit Tempo seinen ersten Spielfilm auf die Leinwand, zwei Jahre später folgte der mehrfach ausgezeichnete (unter anderem mit dem Thomas Pluch Drehbuchpreis) Heimatfilm Die Siebtelbauern.
Mit Anatomie, einem im Medizinermilieu angesiedelten Horrorthriller, legte er einen der Publikumserfolge des Jahres vor, es folgte 2003 das Sequel Anatomie II.
Mit dem KZ-Drama Die Fälscher gewann er 2008 den Oscar für den besten ausländischen Film.
Die nationale Jury
Sie prämiert die beiden Würdigungspreise und nominiert die Bücher für den Hauptpreis. Sie setzt sich wie folgt zusammen:
Daniela Stibitz (Agentin)
Von 1993 -1997 Casting Director bei Mungo Film/Beo Film für Produktionene wie Kommissar Rex, Eine Frau mit Kaliber, Stockinger. 1997 gründet sie Stibitz Management, eine Agentur für SchauspielerInnen.
Libertad Hackl (Filmemacherin)
Studium an der Filmakademie Wien Drehbuch und Regie, 2006 erhielt sie das Drehbuchstipendium der Literar Mechana. Bei Crossing Europe gewann sie den Lokal Artist Award 07 und 2008 den Thomas Pluch Förderpreis für Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin. Sie schrieb gemeinsam mit Peter Jaitz das Drehbuch zu Rimini, der 2009 für den Deutschen Nachwuchspreis First Steps und für den Thomas Pluch Drehbuchpreis nominiert wurde.
Martin Ambrosch (Drehbuchautor)
Studium der Wirtschaftswissenschaften, Ausbildung zum Script-Consultant bei Oliver Schütte, Linda Seger, Christopher Vogler und Jürgen Wolff. Mit unzähligen Aufträgen für das Fernsehen zählt Ambrosch zu den meist beschäftigten Drehbuchautoren des Landes. Er ist zudem Vorstands- und Gründungsmitglied der Akademie des österreichischen Films und Vorstandsmitglied im Drehbuchverband Austria.
Für seinen Fernsehfilm Spuren des Bösen erhielt er 2011 die Romy für das beste Drehbuch und den Thomas Pluch Drehbuchpreis (Hauptpreis).
Der Thomas Pluch Drehbuchpreis feiert heuer sein 20 jähriges Bestehen und ist mit einem Preisgeld von insgesamt 22.000.- Euro einer der wichtigsten filmischen Auszeichnungen des Landes.
Prämiert werden realisierte Drehbücher abendfüllender Kino- und Fernsehfilme heimischer DrehbuchautorInnen des letzten Jahres, der Würdigungspreis berücksichtigt auch Kino-Drehbücher mit einer Mindestlänge von 20 Minuten.
Der Carl-Mayer-Hauptpreis der Stadt Graz zum Ausschreibungsthema “Empörung” ging an die Wiener Christoph Brunner und Kevin Lutz für den geplanten Kinofilm Constantin Nikolaus Bickermann, der Förderungspreis wurde an den Wiener Hüseyin Tabak für Es war einmal in Wien verliehen.
Die feierliche Verleihung beider Drehbuchpreise fand im Rahmen der Diagonale am Freitag, 23. März 2012 im Kunsthaus Graz statt.